Selbstporträt 6
Acryl auf Leinwand, 50x70.
Schon wieder so ein Fundstück aus dem Theater. Nicht das Bild, nicht ich, sondern die Brille.
Wie schön wäre es gewesen, wenn meine ursprüngliche, falsche Erinnerung gestimmt hätte, die wie folgt ging: Ich war nämlich, als ich mich hinsetzte, diesen Text zu verfassen, überzeugt, die Brille sei aus lauter kleinen Pyramiden gewirkt gewesen. Diesenfalls nämlich hätte ich hinschreiben können, mal gehört zu haben, daß ein Stück Fleisch, unter einer Acrylglaspyramide plaziert, nicht verdürbe. Wahrscheinlich Quatsch, aber man hätte das schon so wenden können, daß ich, auf dem Bild, als Träger jener Spezialbrille, den quasi unverderblichen, ewig frischen Blick habe und mit diesem, verschanzt und verborgen hinter den Pyramiden, von der Leinwand heraus direkt in die verdorbenen Seelen der Bildbetrachterinnen und Bildbetrachter schaue.
Doch ach: In Wirklichkeit sind, es, wie ich beim erneuten Blick aufs Bild leider feststellen mußte, Kegel. Und zu denen fällt mir gar nichts ein und ich wünschte wirklich, es wäre mir gegeben, ganz andere Texte zu meinen Bildern schreiben zu können. Ganz anders im Sinne von dem, wie andere (wahrere?) Künstler sie schreiben. Man kennt das ja, diese typischen Künstlertexte. Diese Mischung aus gestelztem Ausdruck, gedanklicher Schwammigkeit und der Prätention, irgendwo werde nachher dann schon gesellschaftlicher Sprengstoff verborgen liegen. Sollen malen und die Klappe halten. So wie ich jetzt.